Veröffentlicht in der Tageszeitung "Neues Deutschland" vom 31.01./01.02.2009

Fürsorge nur für Große?


Von Dr. Rolf Sukowski
Vorsitzender des linken Unternemerverbandes OWUS in Berlin und Brandenburg

Die Hypo Real Estate ist noch 0,34 Milliarden Euro wert und wird mit Finanzhilfen des Staates von
92 Milliarden künstlich am Leben erhalten. Für wertlose Bankpapiere und Schrottautos plant die
Regierung 51,5 Milliarden Euro ein, das ist 17mal so viel wie für die Entlastung der Bürger. Schaeffler
schluckt Conti und landet bei über 20 Milliarden Euro im Soll. Und nun wird nach dem Staat gerufen.

Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich. Fachmänner und -frauen sind zweifellos jene
Unternehmer, Freiberufler und Selbstständigen, die jeden Abend Soll und Haben in ihrer Kasse vergleichen,
um immer wieder aufs Neue festzustellen, ob ihr Geschäft tragfähig ist – also ehrbare Kaufleute im klassischen
Sinne. Wer dieses Geschäft nicht beherrscht, muss zum Amt gehen und seine Mitarbeiter gleich mitnehmen.
Wer spannt hier Rettungsschirme auf und stellt die Milliarden-Pumpen an?

Als kleine Unternehmer (über 90 Prozent der Betriebe in der EU gehören in diese Gruppe) haben auch wir
Forderungen an die Regierung. Wir brauchen zahlungsfähige Kunden, die unsere Produkte und Dienstleistungen
kaufen, deshalb muss die Binnennachfrage nachhaltig gestärkt werden durch Erhöhung der Reallöhne, der
Renten und der Sozialleistungen. Als Unternehmer, die sich aus wirtschaftlicher Vernunft ihrer sozialen
Verantwortung stellen, sind wir für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes. Wir fordern den
ermäßigten Umsatzsteuersatz für Handwerksleistungen.

Es bedarf zügiger Investitionsentscheidungen in den Kommunen, um Aufträge an Unternehmen vor Ort auszulösen
und lokale Wirtschaftskreisläufe zu stärken. Wir sehen die Gefahr, dass einige Kommunen nicht in der Lage sein
werden, ihre Finanzierungsanteile abdecken zu können. Die Haupteinnahme – die Gewerbesteuer – bricht gerade
weg. Es sollten daher neue Möglichkeiten der Kommunalfinanzierung geprüft werden, z. B. kommunale
Anleihemodelle. Auch Zinshilfeprogramme für betroffene Kommunen sind dienlich.

Eine Vielzahl von kleinen Unternehmen steht vor der Notwendigkeit, langfristige Investitionskredite umzuschulden.
Was nutzt die Zinssenkung der EZB, wenn dies nicht in den Betrieben ankommt? Die Zentralbank leiht den
staatlich geschützten Banken für zwei Prozent Geld. Welches kleine Unternehmen bekommt diese Konditionen
von seiner Hausbank? Bei wem sind in den letzten Wochen Zinssenkungen für Kredite wirksam geworden?

Die Unternehmen brauchen Liquidität. Betriebe mit über 0,5 Millionen Euro Jahresumsatz müssen die Umsatzsteuer
abführen, auch wenn die Kunden noch nicht bezahlt haben. Diese Grenze muss umgehend erhöht werden.

Abwrackprämien für private Schrottautos sind das eine, aber wann bekommt der kleine Unternehmer diese Prämie,
um seinen Alt-Transporter, mit dem er ab 2010 nicht mehr in der Umweltzone fahren darf, auszumustern und neu zu
investieren? Abwrackprämien auch hier, dazu günstige Finanzierungen und Abschreibungsregelungen – das hilft
wirklich Unternehmern und Autoherstellern.

Im Unterschied zu denen, die sich in den letzten Wochen der besonderen Fürsorge der Regierung erfreuten (und dies
mit fortgesetzten Großspenden honorierten), kämpfen unsere Unternehmen eher im Verborgenen um ihr Überleben
und das ihrer Belegschaft. Aber wir kämpfen, auch wenn die Regierung uns im Regen stehen lässt.


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